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Irina Fuhr, Einrichtung Heiligengrabe

Eine schwere und herausfordernde Aufgabe

Erstellt von Irina Fuhr |

Im Friedenshort in Heiligengrabe hat sich eine Mitarbeiterin ausführlich zum Thema Sterbebegleitung fortgebildet.

Heiligengrabe. Sterbende zu pflegen und zu begleiten ist eine schwere und herausfordernde Aufgabe. Wer früh in seinem Leben mit dem Thema Tod, zum Beispiel in der Familie, konfrontiert wurde, dem fällt es später häufig etwas leichter, sich damit auseinanderzusetzen. Das hört sich ungewöhnlich an, entspricht aber meiner Erfahrung. Besonders immer dann, wenn es sich um einen natürlichen Tod wie im hohen Alter handelt. Die letzte Lebensphase eines Menschen ist eine bedeutende Zeit, aber auch eine besonders schwierige und emotionale. Wie können wir Pflegenden, aber auch Angehörige und Ärzte sicher sein, dass der Sterbende so behandelt wird, wie er es gerne möchte? Besonders, wenn er seinen Willen nicht mehr frei äußern kann?

Das Auseinandersetzen mit dem eigenen Tod ist für viele Menschen ein angstbehaftetes Thema. Mehrere unserer Bewohnenden sind im Besitz einer Patientenverfügung, aber nicht alle Notfallsituationen sind mit dieser abgedeckt. Die Bundesregierung hat im Rahmen des Hospiz- und Palliativgesetzes eigens den § 132 g in das Sozialgesetzbuch (SGB) V eingeführt, um eine Planung dieser letzten Lebensphase zu ermöglichen. Allen Bewohnenden soll ermöglicht werden, ihren letzten Lebensabschnitt nach ihren Wünschen zu planen und zu dokumentieren. Genau dies ist meine Aufgabe, für die ich 2019 eine umfangreiche Weiterbildung besucht habe.

Mit unserem Qualitätszirkel haben wir das Konzept zur Versorgungsplanung der letzten Lebensphase ausgearbeitet. Wichtig ist hierbei, dass die Inanspruchnahme auf freiwilliger Basis beruht. An erster Stelle wird auf die Wünsche und Vorstellungen des Bewohnenden eingegangen. Zu beachten sind relevante Situationen am Lebensende, wie zum Beispiel Atemnot oder -stillstand, Herzstillstand, anhaltender Zustand der fehlenden Fähigkeit zur Äußerung des Willens, verschiedene Notfallszenarien und deren Behandlung. Auf Wunsch können natürlich auch Angehörige und/oder Betreuer am Gespräch teilnehmen. Das Gespräch soll auch dazu genutzt werden, die Möglichkeiten der palliativen Versorgung und Sterbebegleitung aufzuzeigen sowie die Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Einrichtungen oder Dienstleistern, wie zum Beispiel SAPV (spezialisierte ambulante Palliativversorgung), regionalen Hospizen, Seelsorge, psychosozialer und spiritueller Begleitung. Es gibt auch die Möglichkeit, die evtl. bestehenden
Patientenverfügungen/Vorsorgevollmachten zu revidieren oder eine neue zu verfassen.

"Für Viele zunächst ein unangenehmes Thema"

Meine Erfahrung hat gezeigt, dass unsere Bewohnenden das Gespräch selten ablehnen. Oft brauchen sie nur Zeit, um darüber nachzudenken, da es für viele zunächst ein unangenehmes Thema ist. Als erster Schritt wird ein Gesprächstermin vereinbart. Ein solches Gespräch kann sehr emotional für alle Beteiligten sein und darf Zeit beanspruchen. Dies verlangt auch mir oft Durchhaltevermögen ab. Es ist besonders wichtig, die Bewohnerwünsche richtig zu verstehen und wertfrei zu akzeptieren. Manchmal kann es notwendig sein, auf Hilfe von anderen Mitarbeitern, Angehörigen und Betreuern zurückzugreifen. Diese sind unter Umständen in der Lage, den einen oder anderen Wunsch des Bewohners besser zu verstehen. Dies ist vor allem bei Bewohnenden mit Demenz von großem Vorteil. Ganz besonders bin ich auf die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen aus der Eingliederungshilfe angewiesen, die bei Gesprächen mit den Bewohnenden unserer Wohngruppen dabei sind und sie besser kennen. Hier gewinne ich nach und nach an Erfahrung.

Letztere ist besonders wertvoll und aus meiner Sicht wichtiger als theoretische Quellen aus Büchern oder dem Internet. Die Identität eines Menschen genauso wie die Individualität der Wünsche sind wichtige Bestandteile in der Planung, die man nur bedingt aus einem Buch oder dem Internet lernen kann. Nötig ist der persönliche Zugang zu den Menschen auf der Basis des Vertrauens, und das wiederum benötigt Zeit, Einfühlungsvermögen und Übung. Leider sind dies genau die Aspekte, die seit Ausbruch der Corona-Pandemie schwer zu erfüllen sind.

Seitdem war es mir kaum noch möglich, weitere Gespräche zu führen. Schutzmasken, Eindämmungsverordnungen, Kontaktverbote u. v. m. schränken die Möglichkeit zu einem empathischen Gespräch in einem erheblichen Maße ein. Es ist eine Herausforderung, ein derart schwieriges emotionales Gespräch mit einer Maske im Gesicht bzw. mit einer Scheibe zwischen mir und dem Gesprächspartner zu führen. Nicht einmal die Hand halten zu dürfen, wenn die Gesprächssituation es eigentlich erfordert, empfinde ich als belastend.

Wir sehen es als unsere Aufgabe, Bewohnenden in den verschiedenen Wohngruppen nicht nur in ihrer aktiven Lebensphase zur Seite zu stehen. Wir wollen ihnen auch ganz besonders in schweren Lebensabschnitten oder der letzten Lebensphase Sicherheit und Geborgenheit geben. Ich hoffe, durch meine Tätigkeit die Wünsche und Bedürfnisse unserer Bewohnenden, so gut es möglich ist, zu erfüllen, um ihnen die letzte Lebensphase so angenehm wie möglich zu gestalten.

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